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Sprache - eine Frage der Übersetzung

Ein multimediales, multitechnisches Schau- und Reflexionsprojekt aus Anlass des 500. Jubiläums der Bibelübersetzung von Martin Luther

Der Bibelschreiber: ein Symptom des Wandels menschlicher Arbeit

Wortgebundene Sprache ist immer Übersetzung von Sinn, und als Übersetzung von Sinn ist sie immer schon Interpretation, Auslegung, Deutung. Das liegt in der Natur der Sache des zeitlichen Wandels der Bedeutung von Begriffen. Das wusste Martin Luther. Dieser Wandlungsprozess innerhalb der menschlichen Sprache mit ihrer Semantik, Grammatik und Etymologie findet sich ebenso im technischen Entwicklungsprozess wie auch im wissenschaftlichen Erkenntnisprozess. Physikalische Versuchsaufbauten setzen ein bestimmtes Erkenntnisspektrum bereits voraus, grenzen damit gewissermaßen die Ergebnisse vor dem Experiment ein.

Erkenntnis ist zudem immer interessegeleitet (Jürgen Habermas). Daher ist scheinbare Objektivität immer relativ zu verstehen, nämlich aus ihrem jeweiligen zeitlichen Kontext heraus. Man könnte es auf die einfache Formel bringen: Jedwede Sprache ist immer eine Frage der Übersetzung und darin eine Frage der Auslegung.

Im Projekt des Bibelschreibers im öffentlichen Raum nun kommt die sprachliche Übersetzung, in dem Fall die Übersetzung der Bibel ins Deutsche durch Martin Luther, zu ihrem technischen Äquivalent der Gegenwart: Einem Industrieroboter. Er schreibt mit einer Tuschefeder - mit erstaunlicher Zartheit - das Neue Testament, die Bergpredigt oder jeden anderen gewünschten Bibelteil bis hin zur gesamten Bibel stoisch Seite für Seite.

Das Paradoxon - in der Ausweisung dessen liegt der innovative Ansatz dieses Projekts -  ist diese durchaus spektakuläre technische Hochleistung gepaart mit der Wahrnehmung eines menschenartig emphatischen Führens einer Schreibfeder als der inhaltliche Ausgangspunkt aller daraus abgeleiteten Aktionen:

 

1. Der Bibelschreiber übersetzt die Technik der Handschrift in digitale Zeichen und ist in der Lage die Bibel dann mit Tusche wie mit der Hand zu schreiben. Diese Übersetzung oder Transformation menschlicher Arbeit über die Jahrhunderte hinweg hin zu einer rationalisierten, digitalisierten Arbeit ist das Symptom einer grundlegend veränderten Einstellung zu menschlicher Arbeit schlechthin.

 

2. Der Bibelschreiber wird nicht nur beobachtet werden können wie er Seite um Seite schreibt, sondern wie er auch den Menschen sogar in der Subjektivität des Schreibens mit einer Tuschefeder ersetzt.

 

3. Der Bibelschreiber ist daher auch ein trojanisches Pferd in der Stadt, von dem aus Fragen einerseits zur protestantisch-lutherischen Ethik gestellt werden können, andererseits auf die Entwicklung kapitalistischer Systeme in ihrer Problematik der Gewinnmaximierung geblickt werden kann.

 

Diese komplexen Problemlagen  werden in den folgenden beschriebenen Formaten verarbeitet.

Veranstaltungs- und Diskursformate:

 

1. Bibelschreiber im öffentlichen Raum 04.05.-04.11.2022

Der Roboter als spektakuläres High-Tech-Exponat schreibt die Bibel im öffentlichen Raum

 

2. Symposien zu unterschiedlichen Sprach- und Übersetzungsthemen

 

a) Übersetzung von Theologie in Soziologie: Max Webers Aufsatz „Die protestantische
Ethik und der Geist des Kapitalismus“ (1905) - Voraussetzungen, Wirkung, Aktualität. Teilnehmer aus Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft (mit anzufragen u.a. Nike Wagner, Lea Rosh, Profs. Peter Sloterdijk, Peter Weibel, Julian Nida-Rümelin, Uwe Hochmuth)

04./05.06.2022

 

b) Zwei Tage für die literarische Übersetzung!

Symposium mit den fünf ÜbersetzerInnen der neuen Übersetzungen von GeorgeOrwells Roman „1984) Simone Fischer, Elke Schönfeld, Lutz W. Wolf, Frank Heibert, Gisbert Haefs sowie den drei Übersetzerinnen von Amanda Gormans Lyrikband „Den Hübel hinauf“ Kübra Gümusay, Uda Strätling, Hadija Haruna-Oelker

Mit entsprechenden Lesungen aus den Übersetzungen

06./07.08.2022

 

c) Der Klangübersetzer Franz Liszt

Franz Liszt hat wie kein anderer Komponist bereits existierende Werke in einer eigenen Schöpfungsleistung in die Klangsprache das Klaviers übersetzt, fachsprachlich genannt. Transkribiert. Genannt seien hier exemplarisch die Liederzyklen von Franz Schubert in eine reine Intrumentalsprache.

Verschiedene Pianisten (n.n.) werden diese Klangübersetzungen in vier Konzerten vermitteln

15./22./29.10. und 5.11.2022

 

3. Education: für Schulklas-sen/Interessierte,

Workshops, Führungen, eigene Übersetzungsprozesse der Teilnehmer

6 Wochen verteilt über den ganzen Zeitraum

 

4. Abschlussveranstaltung

Präsentation und ggfs. Auktion der geschriebenen Seiten für einen caritativen Zweck, Rahmenprogramm

Die vom Bibelschreiber geschriebenen Seiten können in einer Auktion für einen caritativen Zweck erworben werden.

 

Achtung: Veranstaltungsvorbehalt

Das Projekt ist auf die Bewilligung von Fördermitteln angewiesen. 

 

Veranstalter: Kulturamt der Stadt Eisenach, Leitung: Dr. Achim Heidenreich (Tel: +49 3691 670 410, E-Mail: heidenreich@eisenach.de)

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